Die Berufsschule Erlangen macht jugendliche Flüchtlinge für ihr künftiges Berufsleben fit. Dazu dient das BIJ‑V, das Berufs-Integrations-Jahr  Vorbereitung. Auf Grund der Aktualität des Themas wurden die etwa 60 jungen Menschen aus drei Klassen Mitte Januar mit den „Eisregeln“ vertraut gemacht.

Die meisten der Schüler kennen aus ihrer Heimat keine zugefrorenen Gewässer, haben somit auch keinerlei Vorstellung, welche Gefahren beim Betreten der Eisflächen drohen und wie sie sich richtig verhalten müssen, um kein vermeidbares Risiko einzugehen. Aus diesem Grund kooperiert die Berufsschule Erlangen mit der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) e. V., greift hierzu den Sachverstand im eigenen Haus auf – und zieht noch mehrfachen Nutzen aus dem Projekt.

Schülerinnen aus dem Zweig der medizinischen Fachangestellten bewiesen Einfühlungsvermögen und Kreativität: Sie gestalteten Plakate, welche ohne Worte, allein durch die bildliche Darstellung, die Eisregeln, das sichere Verhalten am und auf dem Eis, illustrieren.

Währenddessen lernten die Schüler der Flüchtlingsklassen das erforderliche Vokabular: Statt bzw. in Ergänzung trockenen Sprachunterrichts eigneten sie sich Deutschkenntnisse am konkreten Objekt an. Dieser Motivationsschub zeigte spürbar Wirkung.

Die in den einzelnen Klassen anschließend durchgeführten Projektveranstaltungen umfassten einen Zeitraum von jeweils etwa zwei Stunden. Als Einstieg zeigte Rita Stadter-Bönig, Fachlehrerin an der Berufsschule Erlangen, Rettungsschwimmerin und namens des DLRG-Ortsverbands Bamberg – Gaustadt ehrenamtlich in der vorbeugenden Gefahrenaufklärung tätig, einen Film über eine Eisrettungsübung der DLRG. So wurden den Schülern, überwiegend zwischen 15 und 19 Jahre alt, wichtige Fakten schon zu Beginn bewusst:

  • Was ist bei einer professionell ausgeführten Eisrettung zu beachten?

Wichtig ist schnelle Hilfe. Angesichts der Wassertemperatur in der Nähe des Gefrierpunkts sammelt der Körper das Blut – und damit die Wärme – im Inneren, um die lebenswichtigen Organe zu versorgen. Schon nach wenigen Minuten sind die Verunglückten nicht mehr in der Lage, Arme und Beine zu bewegen. Eigenrettung ist nahezu unmöglich.

Die Retter müssen die Eigensicherung bedenken. Daher sollen alle verfügbaren Mittel eingesetzt werden, das Körpergewicht auf eine möglichst große Fläche des Eises zu verteilen. Der in der Übung eingesetzte Rettungsschlitten war natürlich ideal. Ansonsten können Leitern, Rodelschlitten, Bretter etc. zur Anwendung kommen.

  • Wie dick muss das Eis sein?

Im Film hielt das mehrere Zentimeter dicke Eis zunächst – und wiegte in trügerischer Sicherheit. Als es dann brach, war es für ein rechtzeitiges Reagieren zu spät.

Am Modell maßen die jungen Flüchtlinge nach: Stehende Gewässer dürfen erst bei 15 cm dickem Eis betreten werden, auf Fließgewässern muss es gar 20 cm aufweisen. Verschiedene Warnhinweise können aber auch dann auf dünnere Stellen hinweisen: Schneebedeckung, Pflanzenwuchs, dunklere Stellen, Zu- und Abflüsse.

Viel Spaß, aber auch Erfolgserlebnisse vermittelte das Eisregelmemory. Nicht nur das Finden der richtigen Bildpaare trug hierzu bei. Das Erläutern des dargestellten Motivs mit eigenen Worten belegte zudem die Fortschritte im Spracherwerb.

Die Jugendlichen merkten sich die europaweit gültige Notrufnummer 112. Sie lernten, was eine Rettungskette ist, und wurden darauf hingewiesen, dass sie dem im Eis Eingebrochenen ein Hilfsmittel, quasi eine Armverlängerung, reichen sollen. Direkt die Hand hinzuhalten, birgt nämlich Gefahren:

  • Der Retter muss näher an die Einbruchstelle heran. Das erhöht sein eigenes Risiko.
  • Dieses wird noch verstärkt, wenn der Verunglückte an der Rettungsperson zieht, da hierdurch die Belastung des Eises steigt.
  • Durch Panikreaktionen kann das Unfallopfer den Retter gefährlich in seiner Bewegungsfreiheit einschränken.

Des weiteren wurden die Schüler mit der Erstversorgung des Geborgenen vertraut gemacht: abtrocknen, warm anziehen und in Decken einpacken (Rettungsdecke findet sich im Erste-Hilfe-Kasten), Verabreichung warmer, möglichst zuckerhaltiger, keineswegs alkoholischer Getränke.

Zur Vertiefung ihres Wissens stellten die Teilnehmer die Situation im Rollenspiel nach. Als Vorlage dienten die Unterlagen, welche die Bayerische Versicherungskammer in Zusammenarbeit mit der DLRG herausgibt. Diese werden überdies als Lehr- und Übungsmaterial im Deutschunterricht eingesetzt.

Nach bestandenem Abschlusstest erhielten alle Schüler eine Urkunde.

Bildtexte:

Bild 1 – Am Modell wird demonstriert, wie stark die Eisdecke sein muß.

Bild 2 – Bildlich ist illustriert, dass zur Rettung Hilfsmittel eingesetzt werden sollen.

Bild 3 – Das Eisregelmemory dient auch dem Üben der deutschen Sprache.

Bild 4 – Wegen drohender Unterkühlung, so das Bild, ist immer der Notarzt zu rufen.